Zylinderblöcke

Zunächst werden sämtliche im Guss vorhandene Gewinde nachgeschnitten beziehungsweise schadhafte Gewinde durch entsprechende Einsätze erneuert. Hauptlagerdeckelschrauben werden mit einer Rotationsdrahtbürste gereinigt. Anschliessend werden nach sorgfältiger Justierung im Bohrwerk alle Zylinder auf das gleiche, vorab bestimmte Übermaß gebohrt oder vielmehr ausgedreht. Hier wird der ursprüngliche Standarddurchmesser der Zylinder zugrunde gelegt und das jeweilige aufgrund der Messarbeiten vorab bestimmte Übermaß der Kolben hinzu addiert. Die Differenz zwischen diesem Maß und dem werkseitigen Zylinderdurchmesser ergibt das Maß, um welches die Zylinder aufgebohrt werden müssen. An einem Chevrolet 5,7 Liter V8 smallblock sieht die Rechnung beispielsweise wie folgt aus:

Standardmaß = 4 Inches bzw. 101,6 Milimeter

Aufgrund des Verschleißgrades unseres Beispielblockes ermitteln wir einen maximalen Zylinderdurchmesser von 4.018 Inches bzw. 102,057 Milimeter während der Meßarbeiten vor Bearbeitung des Zylinderblockes. Da außerdem minimale Riefen an allen Zylinderwänden vorhanden sind, entschliessen wir uns zu einem Kolbenübermaß von 0.030 Inches bzw. 0,762 Milimeter, um welches nun sämtliche Zylinder aufgebohrt werden müssen auf das neue Zylindermaß von 4.030 Inches bzw. 102,362 Milimeter. Allerdings wird bei diesem groben Bohrvorgang eine Materialtoleranz von einigen hundertstel Milimetern stehen gelassen, da die Zylinder anschliessend in einem weiteren Hohnwerk feingehont werden.

Hier wird nun der genaue Durchmesser des dem jeweiligen Zylinder zugeordneten Kolbens mit dem erforderlichen Kolbenspielmaß addiert. Die Summe hieraus ergibt das entgültige Zylindermaß welches nun durch Feinhonen erzeugt wird.

Hierbei wird außerdem der für die Zylinder-bzw. Kolbenringschmierung des Motors wichtige Zylinderoberflächenstruktur erzeugt, der sogenannte “Kreuzschliff” Je nach Drehzahlbereich sowie Einsatzzweck des fertigen Motors variiert der Windel des Kreuzschliffs.

Wer sich mit den Zahlen entsprechend vertraut macht, wird feststellen, dass entsprechende Übermaße entgegen vieler Gerüchte keinerlei Einfluß auf die Thermik bzw. Motorperformance haben. Die folgende Tabelle zeigt die gängigsten Übermaße zusammen mit der jeweiligen Schwächung der Zylinderwand. Da das Übermaß sich auf den Durchmesser bezieht, wird die Zylinderwand nur um die Hälfte des entsprechenden Maßes geschwächt, schließlich wird ringsherum gleich viel Material abgetragen.

Zylinderübermaß=0.010 Inches/0.254 Milimeter; Schwächung der Wandstärke=0.005 Inches/0,127 Milimeter

Zylinderübermaß=0.020 Inches/0,508 Milimeter;Schwächung der Wandstärke=0.010 Inches/0.254 Milimeter

Zylinderübermaß=0.030 Inches/0,762 Milimeter,Schwächung der Wandstärke=0.015 Inches/0,381 Milimeter

Zylinderübermaß=0.040 Inches/1,016 Milimeter,Schwächung der Wandstärke=0.020 Inches/0,508 Milimeter

Zylinderübermaß=0.060 Inches/1,52 Milimeter,Schwächung der Wandstärke=0.030 Inches/0,762 Milimeter.

Wenn man von einer durchschnittlichen Zylinderwandungsstärke von 8 Milimetern ausgeht, wird sehr schnell klar, dass bei einer Schwächung um selbst 0,762 Milimeter weder thermische Probleme noch Wasser in den Zylindern zu erwarten sind. Da insbesondere ältere Motoren für klassische Fahrzeuge in der Regel einen sehr hohen Verschleißgrad aufweisen oder unter Umständen bereits in der Vergangenheit aufgearbeitet wurden, muss in diesem Falle oft auf das allgemein akzeptierte Höchstübermaß von 0.060 Inches bzw. 1,52 Milimeter zurückgegriffen werden.

Ist der ursprüngliche Zylinder durch einen grossen Wandausbruch geschädigt oder verlaufen Risse bis kurz unter den oberen oder unteren Randbereich, ist auch das Einbringen einer Büchse nicht mehr ratsam, da die Presspassung aufgrund der zu grossen Schwächung des ursprünglichen Zylinders nicht gewährleistet werden kann. Außerdem muss in so einem Fall mit einem “Wandern” der Risse bis hinter den oberen beziehungsweise unteren Büchsenrand gerechnet werden. Dies hätte in jedem Falle einen Wasserschaden zur Folge.